Die drei Indianer


Die drei Indianer

Mächtig zürnt der Himmel im Gewitter,
schmettert manche Rieseneich in Splitter,
übertönt des Niagara Stimme,
und mit seiner Blitze Flammenruten
peitscht er schneller die beschäumten Fluten,
dass sie stürzen mit empörtem Grimme.
Indianer stehn am lauten Strande,
lauschen nach dem wilden Wogenbrande,
nach des Waldes bangem Sterbgestöhne;
Greis der eine, mit ergrautem Haare,
aufrecht überragend seine Jahre,
die zwei andern seine starken Söhne.
Seine Söhne jetzt der Greis betrachtet,
und sein Blick sich dunkler jetzt umnachtet
als die Wolken, die den Himmel schwärzen,
und sein Aug versendet wildre Blitze
als das Wetter durch die Wolkenritze,
und er spricht aus tiefempörtem Herzen:
»Fluch den Weißen! ihren letzten Spuren!
Jeder Welle Fluch, worauf sie fuhren,
die einst Bettler unsern Strand erklettert!
Fluch dem Windhauch, dienstbar ihrem Schiffe!
Hundert Flüche jedem Felsenriffe,
das sie nicht hat in den Grund geschmettert!
Täglich übers Meer in wilder Eile
fliegen ihre Schiffe, giftge Pfeile,
treffen unsre Küste mit Verderben.
Nichts hat uns die Räuberbrut gelassen,
als im Herzen tödlich bittres Hassen:
Kommt, ihr Kinder, kommt, wir wollen sterben!«
Also sprach der Alte, und sie schneiden
ihren Nachen von den Uferweiden,
drauf sie nach des Stromes Mitte ringen;
und nun werfen sie weithin die Ruder,
armverschlungen Vater, Sohn und Bruder
stimmen an, ihr Sterbelied zu singen.
Laut ununterbrochne Donner krachen,
Blitze flattern um den Todesnachen,
ihn umtaumeln Möwen sturmesmunter;
und die Männer kommen festentschlossen
singend schon dem Falle zugeschossen,
stürzen jetzt den Katarakt hinunter.
Nikolaus Lenau (1802 –1850)
Bild: spiegel.de

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