Die Rosen glühn


Zum Andenken an den Dichter Peter Baum: Die Rosen glühn

Die Rosen glühn so abendrot,
Die blauen Wipfel stehn geneigt
Vorm Hauch, der überm Dämmer geigt,
Die Rosen glühn so abendrot.

Dort, wo die Sonne niederging,
Noch ihre Totenfackel steht
Auf Gräsern, die der Wind zerweht,
Dort, wo die Sonne niederging.

Es schwebt ein schwarzer Schmetterling,
Wie eine Seele anzusehn,
Der möchte in die Fackel wehn,
Dort, wo die Sonne niederging.


Weltfremd

Tief ist die Sonne schon hinabgeloht.
Ein letztes Blinken überm Villendache!
Der Mond steht überm Sumpfe – scharlachrot,
Als stiege er aus einer blut’gen Lache.
Kein Windhauch geht, die Luft ist still und schwül,
Ein Nachen dämmert regungslos im Teiche.
Darüber schattet eine mächtige Eiche
Und spiegelt schwarz sich in dem Wasserpfühl.

Seltsame Stille! Als ein Kind ich war,
Nannt’ ich dich Heimat, und in Knabenjahren
Bin oft ich, wenn die Sonne müde war,
Im Abendglanze auf dem Teich gefahren;
Nun droht so geisterhaft mir tote Zeit,
Vergebens will ich altes Leben fassen –.
Nur mit dem Sphinxgesicht, dem toten, blassen,
Schaut kalt und fremd mich an die Einsamkeit.

Peter Baum, aus Gott - Und die Träume (1902) in Gesammelte Werke, Band 1, Ernst Rowohlt Verlag 1920

Eiserne Brücken, durch die Luft getragen,
Sind in der Nacht mit Lichtern ausgeschlagen.
Und der du Feind im fremden Graben stehst,
Im stillen Schnee in gleichen Träumen wehst.
Fremd zwischen Völkern, die sich mordend hassen,
Sind Menschen wir, die bei den Stirnen fassen.
Und über Schlangen, die die Tode schwingen,
Erhebt sich schweigend von uns gleiches Singen.

Peter Baum, aus: Schützengrabenverse. Verlag Der Sturm, Berlin 1916


Peter Baum

Er war des Tannenbaums Urenkel,
Unter dem die Herren zu Elberfeld Gericht hielten.

Und freute sich an jedes glitzernd Wort
Und ließ sich feierlich plündern.

Dann leuchteten die beiden Saphire
In seinem fürstlichen Gesicht.

Immer drängte ich, wenn ich krank lag,
„Peter Baum soll kommen!!“

Kam er, war Weihnachten –
Ein Honigkuchen wurde dann mein Herz.

Wie konnten wir uns freuen!
Beide ganz egal.

Und oft bewachte er
Im Sessel schmausend meinen Schlummer.

Rote und gelbe Cyllaxbonbons aß er so gern;
Oft eine ganze Schüssel leer.

Nun schlummert unser lieber Pitter
Schon ewige Nächte lang.

„Wenn ich Euch alle glücklich erst
Im Himmel hätte –“

Sagte einmal gläubig zu den Söhnen
Seine Mutter.

Nun ist der Peter fern bewahrt
Im Himmel.

Und um des Dichters Riesenleib auf dem Soldatenkirchhof
Wächst sanft die Erde pietätvoll.

Else Lasker-Schüler, aus: Gesammelte Gedichte, Verlag der weißen Blätter, Leipzig 1917

Peter Baum (* 30. September 1869 in Elberfeld; † 6. Juni 1916 bei Keckau/Riga)

In Berlin gehörte er von 1892 bis zur Auflösung des Dichtervereins 1898 dem „Tunnel über der Spree“ an. Seit 1898 stand Baum in Verbindung zum Autorenkreis um Peter Hille. Eine Freundschaft verband ihn mit Herwarth Walden, an dessen Zeitschrift „Der Sturm“ er mitwirkte. Baum war Mitglied der lebensreformerischen Vereinigung „Die Kommenden“ und stand der „Neuen Gemeinschaft“ nahe. Er galt als engster Vertrauter von Else Lasker-Schüler. Nach der Scheidung seiner ersten Ehe mit Johanna Mathilde Stivarius im Jahre 1913 war er mit der Künstlerin Jenny Boese verheiratet. Peter Baum, der sich zu Beginn des Ersten Weltkrieges als Freiwilliger gemeldet hatte, „fiel“ 1916 im Baltikum.
In der Reihe Versensporn - Heft für lyrische Reize, Edition Poesie schmeckt gut, ist das Heft Nr. 15 dem Dichter gewidmet.

Spuk

Und der Große im weißen Bart nimmt den Knaben auf seinen Schoß und lehrt ihn mit Namen nennen die Wunder der Luft – die Vögel, die dicht an den grauen Wolkenwäldern dahingleiten, und all die anderen Tiere, die man fängt und jagt. Und er lehrt ihn mit Namen nennen die Sträucher, die ihre Finger zusammenschließen, wenn ein Wind kommt und die Schmetterlinge, die morgens ihre Kelche ausbreiten, wie kleine auffliegende Himmel.

Und dann baut er dem Knaben noch eine Welt über dieser Erde auf – eine Welt, die aus Klängen und Buchstaben, über unsere Flüsse und Wälder hinweg – ein Riesenbau – in die Luft steigt.

Und Hans lernt und fasst mit seinem morgenjungen und doch geschlechteralten Hirn alles, was ihm verwandt ist und lässt alles Fremde wieder fortfliegen, wie Vögel aus der flachen Hand.

Manchmal sieht ihn der Alte bekümmert an: Wir sind altes Geschlecht. Wir mögen uns nicht mehr mühen. – – –

Hans wird das ganze Leben – die Wälder, Felsen, Flüsse und Kinder – zum Märchen, er selbst zum Zauberer.

Aus: Peter Baum: Spuk. Concordia Deutsche Verlags-Anstalt, Berlin 1905

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