Die Fackel
„Noch nie habe ich einen Schuft deshalb für ehrlich gehalten, weil er so unehrlich war, zu sagen, ich sei kein Schuft. Wenn sie mir einen Beweis geben wollen, genügt es nicht, mich leben zu lassen. Aufhören, selbst zu leben: das ist die Friedensbedingung, von der ich auch kein Jota abhandeln lasse. Primum non vivere, deinde wird sich finden. Eines Tages mögen sie — bei mir verändert sich nichts! Sie könnten einen letzten Bestechungsversuch machen, indem sie mir in Aussicht stellen, daß sich auch bei ihnen nichts verändert und daß ich keines Tages anerkannt würde. Aber selbst wenn sie meine Bitte um Totschweigen erfüllten, könnte ich mich ihnen nicht erkenntlich zeigen. Ob sie mich loben oder nicht: da ich meiner privaten Behaglichkeit kein Opfer bringe und die Pflicht mich zwingt, sie für den Auswurf der Menschheit zu halten, so läßt sich leider nichts machen und alles bleibt zwischen uns beim Alten. Der Friseur schweige. Ich spreche weiter.“
Die Fackel, Nr. 345/346, Wien, 31. März 1912.
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