Der Korbflechter


Der Korbflechter
»Warum muß ich mit angestrengter Plage
das Nötige für meine Lebenstage
erwerben, da der Reich' im Überfluss
nicht weiß, wie er sein Gut vergeuden muss.«
So schmollt der arme Hans mit dem Geschicke,
und wünscht die alte bess're Zeit zurücke,
in welcher öfters manche süße Rast
erleichterte des Lebens harte Last. –
Da trug einst Hans die Körbe nach der großen
und reichen Stadt, mit dem Geschick verdrossen, –
es kommt ein reicher Städter auf ihn zu
und störet ihn in seiner düstern Ruh.
»Wohin denn, Alter, über welch' Beginnen
mögt ihr, so sehr in euch verschlossen, sinnen?«
»Soll ich nicht sinnen, muss durch Tag und Nacht
mich sorgen, wo sonst andern Ruhe lacht,
und doch seh' ich mit allen bittern Mühen
den Meinigen kein bessres Los erblühen.«
»Nun, nun, denkt nicht so herb an eure Pflicht,
denn Gott verlässt den Mutigen ja nicht;
und wollet ihr in meine Dienste gehen,
könnt ihr vielleicht das Schicksal leichter sehen. –
Mit dieser neuen Lag' ist Hans vergnügt,
und auch die Seinen fühlen sich beglückt. –
Doch ist dem Menschen etwas nur gelungen,
so wünscht er bald noch Mehreres errungen.
Man kleidet sich ganz nach der Mode Wort
und gibt sein Geld für eitle Dinge fort,
und was sie auf die Kleider nicht verwenden,
erlaubt sich Hang im Weine zu verschwenden.
So zeigt sich nur zu bald ein leeres Feld;
es mangelt manches, insgemein das Geld.
Man findet keinen Ausweg als mit Borgen,
allein wer borgt, muss auch zu zahlen sorgen.
Die Gläub'ger liegen ihm tagtäglich an
und fordern immer von dem armen Mann;
mit welchem Gut soll Hans die Schulden zahlen?
Ach, nirgends sieht er eines Trostes Strahlen! –
Verwandelt war so bald die eitle Lust
in bittern Schmerz in eines jeden Brust. –
Um wie viel besser war sein früher Leben,
jetzt ist's nur herbes Leid, fruchtloses Streben;
und so vermeinet Hans des Schicksals Not
am leichtesten geendet durch den Tod.
Nicht immer ist des menschlichen Geschickes
gewünschter Wechsel auch der Born des Glückes;
wer nach der Größe strebt, sei ihrer wert,
den Feigen lässt sie selten unversehrt;
denn ach, es neigen sich nur allzugerne
zu manchem Schmerz des irren Lebens Sterne.
Alois Leopold Altmann (um 1843)
Bild: bwegt.de

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