Zur Erinnerung an zwei Dichter: Erlebnis
Zur Erinnerung an zwei Dichter: Erlebnis
Es kam, daß wir einig atmeten.
Mein Haupt war gebettet in Gras und Blumen
und meine Augen irrten nicht mehr.
So fühlte ich alles.
Die Bäume waren selig von Deinem Herzen
und ihre Bewegungen rührten uns tief.
Eine Blume erwachte weiß am Himmel
und träumte die sanfte Nacht.
Es kam, daß Du meine Hand nahmst
und sie mit Deiner faltetest. -
Nun wieder stürzt mein Herz durch wilden Abend.
Richard Oehring, aus: Die Aktion 1915
Leichnam
Schon war das Hindernis von Leichen
Übersprungen, da traf die Stirn das Blei.
Er brach im Kreuz zusammen, ohne Schrei,
Hintüber, zuckte kaum. Auf seinesgleichen
Lag er, vor ihm fielen eben andre drei,
So dass sein Fuß in ihren Weichen
Sich verhenkte, und er, ein aufrecht Zeichen,
Steckend stehen blieb. Die Arme waren frei
Und halb erhoben aus der Lache
Von Blut und Erde, fest in steter
Andachtsbeugung der antiken Beter,
Zeugend Wort und Sinn der fremden Sache.
Georg Hecht, (1895 - 1915) Arzt, Literaturhistoriker und Dichter, „gefallen“ am 14. Mai 1915, auf einer Feldpostkarte an Franz Pfempfert, Die Aktion, 1915
Richard Oehring (* 16. Juni 1891 in Düsseldorf; † 14. Mai 1940), Schriftsteller und Wirtschaftswissenschaftler.
Er gehörte zusammen mit Franz Jung, Otto Gross und Georg Schrimpf zu den Mitherausgebern der Zeitschrift Die freie Straße, von der bis 1917 sechs Folgen erschienen.
Während seines Studiums in München stieß er zusammen mit seinem Bruder Fritz zum Kreis um Erich Mühsam und die Gruppe Tat, der auch Oskar Maria Graf, Franz Jung und Georg Schrimpf angehörten. Im Anschluss an seine Rückkehr nach Berlin schrieb er als Wirtschaftsjournalist Beiträge für Buchwalds Börsenberichte. Ab 1912 arbeitete er für die Aktion und veröffentlichte dort eigene lyrische Werke. Es entstand die Novelle Der Käfig. 1913/1914 gehörte er zusammen mit Gottfried Benn, Paul Boldt, Alfred Lichtenstein, Franz Pfemfert und anderen zu den Protagonisten der Autorenabende der Aktion.
1915 heiratet er Cläre Otto und gehört zusammen mit Franz Jung, Otto Gross und Georg Schrimpf zu den Mitherausgebern der Zeitschrift "Freie Straße", von der bis 1917 sechs Folgen erscheinen. Die Nummern 3 und 4 werden von Oehring herausgegeben.
Die Ehe scheitert 1917, Cläre Oehring wird die Lebensgefährtin von Franz Jung, Oehring reist nach Wien zu Otto Gross, wo er auch Margarethe Kuh kennenlernt, die seine zweite Frau wird. Oehring wird Mitarbeiter von Alfons Goldschmidts “Räte-Zeitung” und gehört mit Ernst Jacobi und Friedrich M. Minck zur "Rätegenossenschaft für wirtschaftlichen Aufbau"
1933 verließ Oehring mit seiner Familie Deutschland und emigrierte nach Holland, wo er er am 14. Mai 1940, dem Tag der Kapitulation Hollands, Selbstmord beging.
Die Illustration ist ein Ausschnitt einer Zeichnung aus der Mappe „Der Krieg 1914 - 1918“ von Hans Baluschek (1870 - 1935)
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