Ansprache eines Bücherwurms


Ansprache eines Bücherwurms

Mascha kaléko

Der Kakerlak nährt sich vom Mist,
Die Motte frisst gern Tücher,
Ja selbst der Wurm ist, was er ißt.
Und ich, ich fresse Bücher.
Ob Prosa oder Poesie,
Ob Mord - ob Heldentaten -
Ich schmause und genieße sie
Wie einen Gänsebraten.
Ich bin ein sehr belesner Herr,
Nicht wie die andern Viecher!
Daß Bücher bilden, wißt auch ihr,
Und ich - ich fresse Bücher.
Die Nahrung, sie behagt mir wohl,
Verleiht mir Grips und Stärke.
Was andern Wurst mit Sauerkohl,
Das sind mir Goethes Werke.
Ich fraß mich durch die Literatur
So mancher Biblotheken;
Doch warn das meiste, glaubt es nur,
Bloss elende Scharteken.
Das Bücherfressen macht gescheit.
So denken sicht die Schlauen.
Doch wer zuviel frisst, hat nicht Zeit,
Es richtig zu verdauen.
Drum lest mit Maß, doch lest genug,
Dann wird's euch wohl ergehen.
Bloß Bücher fressen macht nicht klug!
Man muß sie auch verstehen
.
Mein Lied geht weiter“ Deutscher Taschenbuch Verlag. s.107/108

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