Christa Wolf


Christa Wolf beschreibt ein fiktives Treffen der beiden Dichter 1804 am Rhein. “Unlebbares Leben. Kein Ort, nirgends. Manchmal spürt er die vertrackte Drehbewegung der Erdkugel bis in sein innerstes Gebein. Einmal wird es ihn über den Rand dieser beschränkten Kugel schleudern, er ahnt schon den Zugwind. Während die Frau hier, so unwahrscheinlich es ist, doch immer noch ihren Liebhaber finden kann […] Sie bleiben stehn, drehn sich einander zu. Jeder sieht den Himmel hinter dem Kopf des anderen, das blasse spätnachmittägliche Blau, kleine Wolkenzüge. Sie mustern sich unverhohlen. Nackte Blicke. Preisgabe, versuchsweise. Das Lächeln, zuerst bei ihr, dann bei ihm, spöttisch. Nehmen wir es als Spiel, auch wenn es ernst ist. Du weißt es, ich weiß es auch. Komm nicht zu nah. Bleib nicht zu fern. Verbirg dich. Enthülle dich. […] Mann. Frau. Unbrauchbare Wörter. Wir, jeder gefangen in seinem Geschlecht.“
Christa Wolf: Kein Ort. Nirgends.
Bibliothek Suhrkamp Frankfurt a.M. 2007 (S.100).

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