Himmelfahrt mit Hölderlin ...
Gedanken zum Christi Himmelfahrtstag:
„Darf, wenn lauter Mühe das Leben ein Mensch aufschauen (zum Himmel) und sagen, so will ich auch sein?"
Seinen Himmel fand Christus im Menschen. Seine Himmelfahrt endet in den Außengrenzen unseres Innen. Das könnte man dem sehnsüchtigen lyrischen Ich Hölderlins antworten. Denn es gilt nun: Die Theophanie vollzieht sich im Inneren des Menschen, es ist gleichsam der Sonnenaufgang aus der Erde! Und Hölderlin selbst ergänzt in seiner Schrift "lieblicher Bläue": „Voll Verdienst, doch dichterisch, wohnet der Mensch auf dieser Erde. Doch reiner ist nicht der Schatten der Nacht mit den Sternen, wenn ich so sagen könnte, als der Mensch, der heißet ein Bild der Gottheit.“ Es gilt nun: Der Sonnenaufgang vollzieht sich im Menschen, die Befreiung des transzendenten Glanzes (des "Sternenhimmels", um es poetisch weiterzuspinnen) durch den Geist des Menschen: Als Erkenntnis des Urbildes und der Frage unseres „woher?“ einerseits und des „zukünftigen, idealischen Ichs“ (Schiller) und der Frage unseres „wohin?“ andererseits, als Schau des Himmels im Irdischen, des Unendlichen im Endlichen als „Unterscheidung der Geister“ und als liebende Tat, als Bejahung der Entelechie als des Werdeprinzips zur Verwirklichung des „Himmels in mir“, des „homo caelestis“, des „himmlischen Menschen“. Zur Bildung der Humanität als der Heimstatt Gottes auf Erden sind wir berufen (Herder). Aber das braucht die Pflege der geistigen Erkenntnis als eines tieferen Verständnisses unseres Seins, das braucht Zeit und übende, meditative Vertiefung! Es ist eine Bewegung der Wechselseitigkeit, der „Liebe von beiden Seiten“ (Ignatius von Loyola), der strebenden Seele einerseits und dem sich offenbarenden, schenkenden Geiste, eben dem Himmel, der Sonne andererseits. Ganz wunderbar findet sich dieser Vorgang der „Liebe von beiden Seiten“ in der Hymne „Ganymed“ von Goethe wieder: Ist Christus (der Sohn) nicht wie Goethes Ganymed mit jeder liebenden, sehnsüchtig suchenden, bewussten menschlichen Seele verbunden? Und kommt er der Vater (Zeus) nicht dem Sohne (Ganymed) als Teil seiner Selbst entgegen und vice versa, wie es sich in dieser wunderbaren, das binäre Denken übersteigenden Formulierung ( gleichsam einer „himmlischen Partizipialkonstruktion“ ergänzt der Deutschlehrer;.)) wiederfindet: „umfangend umfangen“? So vollzieht sich die "Himmelfahrt" im und durch das Wort, den Logos und heilt als Poesie die "Wunden", die der Verstand schlägt, um ein Wort des Dichters Novalis zu zitieren. Und die Dichter bringen bekanntlich den Himmel zum Sprechen, geben uns ein Vehikel, uns der Himmelfahrt zu erfreuen ...
Wie im Morgenglanze
Du rings mich anglühst,
Frühling, Geliebter!
Mit tausendfacher Liebeswonne
Sich an mein Herz drängt
Deiner ewigen Wärme
Heilig Gefühl,
Unendliche Schöne!
Daß ich dich fassen möcht
In diesen Arm!
Ach, an deinem Busen
Lieg ich, schmachte,
Und deine Blumen, dein Gras
Drängen sich an mein Herz.
Du kühlst den brennenden
Durst meines Busens,
Lieblicher Morgenwind!
Ruft drein die Nachtigall
Liebend nach mir aus dem Nebeltal.
Ich komm, ich komme!
Wohin? Ach, wohin?
Hinauf! Hinauf strebts.
Es schweben die Wolken
Abwärts, die Wolken
Neigen sich der sehnenden Liebe.
Mir! Mir!
In euerm Schoße
Aufwärts!
Umfangend umfangen!
Aufwärts an deinen Busen,
Alliebender Vater!
Ganymed, Goethe, 1774
„Was der Mensch als Gott verehrt, Ist sein eigenstes Inneres herausgekehrt.“
Zahme Xenien, Goethe
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