Klagelied eines Junggesellen


Klagelied eines Junggesellen

Mir fehlt etwas, mir ist nicht recht,
doch wüßt ich wohl, was ich wohl möcht’.
Ich möchte was und weiß warum,
das geht mir so im Kopf herum.
Heut sprangen mir von meiner Hos’
schon wieder mal zwei Knöpfe los;
da setzt’ ich mich und näht’ herum
wohl eine Stund, bis ich ganz krumm;
bin dann zu Probsten hingerennt,
zu schlürfen, was man Kaffee nennt.
Da fühlt’ ich wieder mal so recht,
Dass mir was fehlt, was ich wohl möcht’.
Ein Gast, ein traurig schmerzensvoller,
saß ich zu Mittag dann beim Koller.
Die Serviette war beschmutzt,
die Gabel war nicht abgeputzt,
kurzum, ich fühlte da so recht,
dass mir was fehlt, was ich wohl möcht’.
Und abends in der Dämmerfrist,
wenn man so ganz alleinig ist,
da möcht’ ich wohl so dann und wann
etwas zu titscheln-tatscheln ha’n.
Jedoch – da fühle ich so recht,
dass mir was fehlt, was ich wohl möcht’.
Was soll der Mensch des Abends tun?
Ich denk, zum Kappler geh ich nun;
da sitz ich so bei meinem Bier
als wie ein rechtes Murmeltier
und fühle wieder mal so recht,
dass mir was fehlt, was ich wohl möcht’.
Nun tönt die Glocke zwölf vom Turm,
ich muss nach Haus, ich armes Wurm.
Es fällt der Schnee, der Wind geht kühl,
dass ich’s durch Hemd und Hosen fühl’,
und komm’ ich endlich dann nach Haus
und zieh mich zähneklappernd aus
und steig ins Bett, – so fühl ich recht,
dass mir was fehlt, was ich wohl möcht’.
(Wilhelm Busch, 1832–1908)
Bild: Carl Spitzweg (1808–1885), Der arme Poet – meisterdrucke

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