Das fremde Glück

Das fremde Glück

Von diesen kleinen Dingen leben wir,
nicht von den großen, die so selten kommen:
Oft war's nur irgendein Reflex, der dir
von einer Vase funkelnd aufgeglommen,
oft ferne ein Akkord auf dem Klavier,
vom Abend auf die Fittiche genommen.
Und neulich trat in meinen stillen Raum
ein fremdes Glück und lächelte von Wangen
zwei junger Menschen, die im frühen Traum
der ersten Liebe hoffend noch befangen –
und grüßte mich wie einen, den man kaum
erkennt, weil schwere Zeit an ihm vergangen.
Lass sein, mein Herz, das noch von Jugend wirr
und trunken ist, sich tätig aufzuschwingen –!
Kommt einst der Tag, an dem du müd und irr
am eigenen Geschicke und Gelingen,
vielleicht, dass dann das fremde Glück zu dir
sich segnend neigt und lächelt deinem Ringen –
Denn später, wenn wir müde, leben wir
nur mehr von solchen fremden lieben Dingen...
Anton Wildgans (1881–1932)

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