KINDERSOMMER


KINDERSOMMER I
Wir fahren immer schon im Mai nach Deinzendorf. Endlose Landstrasze mit wilden Apfelbäumen, Feld und Anger. Das große grüne Tor mit der strahlenförmigen Zierde im Oberteil, die kühle Halle, der Holztisch, der helle Hof, hinten die nur geahnte Schaukel. Dann zwei Stufen zur Küche hinauf, ein Steinboden wie ein Schachbrett: einmal schwarz, einmal weisz, und rechts und links davon meine wundersame Zimmerflucht: die gelben Zimmer liegen rechts, die schwarzen, mit dem Blick in den riesigen rätselhaften Garten, links. In den gelben sind feierliche Schränke und gute Tische, Tagwände, Sonnenkringel und lauter Morgenfenster, einmal auch die Sicht auf die birkenwelke Fronleichnamsprozession, und für ein paar Wochen das Duften der Robinien. Dort, an der Brücke, steht der heilige Nepomuk mit verblühten Blumen im Arm.
FRIEDERIKE MAYRÖCKER
BLUMENWERK
ländliches Journal/Deinzendorf
Bibliothek der Provinz
1992
Bild: Friederike Mayröcker in Deinzendorf, 1932

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